Frei Henri ist unter uns, wir spüren den Puls seines Herzens

©Thomas BauerFrei Henri de Roziers, französischer Dominikanerpriester und Rechtsanwalt, übersiedelte in den 1970er Jahren nach Brasilien. In den folgenden 40 Jahren engagierte er sich in der CPT (=Landpastoralkommission) und begleitete die armen Bauern und Bäuerinnen im Bundesstaat Tocantins und Pará im konfliktreichen Norden Brasiliens. Seine letzten Lebensmonate verbrachte er in Frankreich. Er vestarb im November 2017. Doch sein Wunsch war es, inmitten der Bauern und Bäuerinnen begraben zu werden.

Die Vorbereitungen und Bauarbeiten an der letzten Gedenkstätte für Frei Henri laufen auf Hochtouren. Die Bauern und Bäuerinnen der seit fünf Jahren existierenden Landbesetzung mit selbigem Namen, Frei Henri, im Bezirk Curionópolis, im Süden von Pará, haben kurzfristig ihre Feldhacken gegen Maurerkellen und Pinsel ausgetauscht. Inmitten des von ihnen besetzten Gebietes errichten sie eine kleine Kapelle, letzte Bleibe von Frei Henris Urne, die auf seinen Wunsch hin aus Frankreich eingeflogen wurde.

Die Empfangszeremonie am 14. April 2018 war berührend. Seit den frühen Morgenstunden strömten aus der ganzen Region Landlose, Bauern und Bäuerinnen, FreundInnen, ehemalige MitarbeiterInnen von Frei Henri aus der Umgebung sowie ein Freund und Neffe aus Frankreich ein, um diesen Moment nicht zu verpassen. Es war eine einzigartige Gelegenheit der Wiederbegegnung, wie es vielmals leider nur bei Hochzeiten oder Beerdigungen der Fall ist. Alle Anwesenden hatten eines gemeinsam, sie verbanden Geschichten und Erlebnisse, die sie über diesen Priester zu erzählen haben und ihnen in ständiger Erinnerung bleiben werden.

Über all die Jahre engagierte er sich unermüdlich für die Armen und Ausgeschlossenen. Als Priester und Anwalt stand er ihnen in unzähligen Prozessen beiseite. In diesem Zusammenhang war er mitverantwortlich für die Verurteilung von Pistoleiros und Hintermännern, die mehrere Bauern und Gewerkschaftsführer in der Region ermordet haben. Dabei war er nicht nur bemüht, die Agrarreform in der Region endlich voranzutreiben, sondern war auch Vorreiter in Bezug auf die Aufdeckung der modernen Sklaverei auf den Fazendas. Unter seiner Mithilfe kam es immer wieder zu Anzeigen und Befreiungen von Bauern aus diesen unmenschlichen Situationen.

Die Feier und Festgottesdienst waren bestimmt von verschiedenen Symbolen des Glaubens und sozialen Engagments, vorgetragen von Jugendlichen der MST (=Landlosenbewegung), die an diesen Tagen in der S-Kurve des 22. Jahrestages des Massakers von Eldorado dos Carajás, wo 19 Bauern von der brasilianischen Polizei ermordet wurden, gedachten. Frei Fernando, gemeinsam mit anderen anwesenden Priestern, zelebrierte den Gottesdienst und trug anschließend gemeinsam mit Aninha, einer langjährigen Mitarbeiterin von Frei Henri, die Urne in die Kapelle und letzte Ruhestätte.

©Thomas Bauer
Neguinho (Foto: Thomas Bauer)

Wie Neguinho, ein hagerer dunkelhäutiger Bauer, der seit Jahren auf dieser Landbesetzung lebt, mir erzählt, ist die Urne in der Kapelle allerdings bei weitem nicht die einzige Erinnerung, die bleiben wird. Er führt mich zu einer Holzbrücke der Zufahrtstrasse zu den von den Bauern und Bäuerinnen bewirtschafteten Feldern. Auf dem Weg erzählt er mir von einer wunderschönen, großen Castanheira, unter der Frei Henri seinen letzten Geburtstag in Brasilien gefeiert hat.

Dieser hoch in den Himmel ragende Baum hatte es Frei Henri angetan, und wenn immer er uns hier auf der Landbesetzung besuchte, versammelten wir uns gemeinsam im Schatten unter diesem Baum”, fährt er fort. Umso größer war die Überaschung als der gesunde Baum, in der selben Nacht, dem 26. November, Tag an dem Frei Henri in Paris verstarb, plötzlich umknickte.

Aus Frei Henris Wunsch, unter der Castanheira begraben zu werden, wurde somit leider nichts. Für Teile des Stamms haben die Bauern und Bäuerinnen allerding eine gute Funktion gefunden. Denn die Brücke, auf der wir mittlerweile stehen, wird von selbigen gestützt und verkürzt den Weg zu den Feldern. Darauf sind die Bauern stolz, denn wie Neguinho betont: “Wir haben den Stamm der Castanheira, die Frei Henri so liebte, gut genützt und er wird uns immer in Erinnerung bleiben.”

Alle meine Bilder können käuflich erworben werden. Dabei gehen jeweils 30% des Betrages an die jeweilige Gemeinschaft der Orte an dem das Bild entstanden ist. Bei Interesse bitte ich Euch einfach eine e-mail an mich zu senden.

Mehr Bilder unter: http://www.instagram.com/thojbauer/

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